Willkommen im Insel Theater

Liebes Publikum und liebes zukünftiges Publikum, 

hier schreiben Ihnen und Euch Anne und Frank Struve. Wir sitzen unter dem golderleuchteten Kronleuchter in der Bibliothek des Theaters an der Angel, zwei kühle Engelbiere an der Seite. Draußen treibt ein garstiger Novembersturm sein Unwesen. Wir versuchen, unsere Gedanken zu sortieren und einen Text über das zu schreiben, was wir selbst noch gar nicht richtig begreifen können: die Übernahme des Theaters an der Angel. Oder die neue Personage am Kult-Theater. Oder unseren Neubeginn als Theaterpärchen auf dem Werder. 

Nein, das sind noch nicht die richtigen Worte. Aber vielleicht ist es gar nicht so wichtig, eine exakte Überschrift für das zu finden, was wir vorhaben, sondern eher das Gefühl mit Ihnen und euch zu teilen, was diese Neuigkeit in uns auslöst. 

Wir sind wahnsinnig dankbar dafür, dass Ines und Matthi, auch Aki, ihr Herzensprojekt in unsere Hände geben. Dankbar sind wir dafür, dass wir den Ort, an dem schon so viele Geschichten erzählt wurden, erhalten dürfen. Dankbar dafür, die Geschichte des Hauses weiterzuschreiben. Dafür, weiterhin in dieser Gemeinschaft leben zu können. 

Zwar sind wir „die Neuen“, aber irgendwie sind wir auch „die Alten“. Als langjährige Weggefährten des TadAs fühlen wir uns hier in den alten Gemäuern heimisch, haben unsere Theaterfamilie gefunden, mit der wir seither durch Dick und Dünn gehen. Hier haben wir – in künstlerischer Hinsicht – laufen gelernt. 

Frank ist seit 2002 am Haus. Als pubertierender Schuljunge durchschritt er damals den knarksenden Theatersaal. Seither lässt ihn das alte Gemäuer und die alten Leute- pardon, die Theaterkunst nicht los.

Anne kam 2012 an das Haus, als Küchenmädchen. Keiner weiß mehr genau wie es dazu kam, aber kurz darauf hatte sie in einer Sommertheaterinszenierung eine Hauptrolle ergattert. Ihre Liebe zum Schauspiel war entfacht und lodert seither. 

Wir verliebten uns, gründeten eine Familie und stellten uns auf die eigenen Beine, auch in künstlerischer Hinsicht. Doch das Theater an der Angel ließ uns nie los. Immer wieder zog es uns zurück an diesen Ort, unser zweites Zuhause.  

Zeitsprung. 

Im Spätsommer 2024 inszenierte das TadA das Stück „Auf hoher See“. Anne spielte mit, Frank entwickelte das Bühnenbild und das Lichtdesign. Die Wogen schlugen hoch. Sowohl auf der Probenbühne als auch hinter den Kulissen. Es war klar, es musste eine neue, eine handfeste Perspektive für die langfristige Zukunft des Hauses gefunden werden. Um den Ort zu erhalten. Den Ort, der so wichtig für jeden Gast, aber auch für die Stadt geworden ist – als Raum für Kultur und als Begegnungsstätte. Es galt, das Haus für Neues zu öffnen, aber nicht dem Alten zu verschließen. 

Nun beginnt also ein neuer Abschnitt in der Geschichte der alten Villa. Wir sind voll Vorfreude, ihn mitgestalten zu können! Unsere Ideen sprudeln, die Planungen laufen heiß. Eigentlich ist es recht banal: manches wird sich ändern, anderes nicht. 

Hier wird weiterhin miteinander gedacht, gestritten, sich versöhnt, geweint und gelacht. Gelebt, eben. In künstlerischer Hinsicht möchten wir auf die Bühne bringen, was uns selbst bewegt und beeinflusst. Musik, Literatur, bildende Kunst, Theater. Wir freuen uns darauf, den Raum zu öffnen für andere Künstler und Künstlerinnen, aber uns auch selbst auf und hinter der Bühne auszutoben. 

Was uns besonders beglückt ist, dass die Mannschaft erhalten bleibt: von den Küchendamen über Schauspieler bis hin zu den vielen freiwilligen, unterstützenden Freundinnen und Freunden des Hauses. Ein paar neue Gesichter werden sich hinzugesellen. Ines, Matthi und Aki treten kürzer, aber bleiben uns allen zum Glück erhalten. 

Im Januar 2025 starten wir in unsere erste Spielzeit. Es geht los mit „Die Koffer voll von Sehnsucht“. Ein heiter-melancholisches Stück über das Leben und Werk einer der bedeutendsten (und trotzdem fast vergessenen) deutschen Dichterinnen: Mascha Kaléko. Für uns ist dieses Stück emotional sehr behaftet, es war Franks und meine erste gemeinsame Produktion. Acht Jahre tüftelten wir daran. Inzwischen waren wir damit auf Gastspielreise und freuen uns, damit in unser nun eigenes Haus zurückkehren zu können. Hui! 

Außerdem freuen wir uns auf unseren Valentines Abend, in dem es darum geht was bleibt, wenn die Liebe geht. Eine Lesung von und mit Ines Lacroix und Anne Struve, in dem aufrüttelnde, heilsame und unterhaltende Abschiedsbriefe von starken Frauen die Hauptrolle spielen. 

Wir wünschen Ihnen, euch und uns einen reibungslosen Start in die neue Spielzeit. Dennoch wird es wahrscheinlich zu Anfang hier und da noch etwas holprig ablaufen. Momentan gibt es viel zu tun: Ticketverkauf und Website werden eingerichtet, Logos erstellt, Verträge geschrieben, Gespräche geführt, Spielpläne konzipiert, Umbauten hinter den Kulissen durchgeführt und, und, und. Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne. Aber eben auch monströs viel Arbeit. Wenn Ihnen etwas auf dem Herzen liegt, melden Sie sich gern – wir freuen uns über Anregungen und Kritik.  

Wir begegnen dem neuen Jahr mit viel Hoffnung und Tatendrang und freuen uns grenzenlos auf den Neustart mit Ihnen und euch hier im Insel Theater! 

Wir wünschen Ihnen und Euch eine zauberhafte Vorweihnachtszeit und verbleiben mit herzlichen Grüßen

Anne Struve und Frank Struve 

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